Wusstest du, dass Beckenbodentraining für Jung und Alt, Frau und Mann, von wichtiger Bedeutung ist? Gerade im Sport ist ein genauer Blick auf unsere Tiefenmuskulatur im Becken von Vorteil, denn wenn der Beckenboden „in Form“ ist, läuft das Training besser. „Ein gut funktionierender Beckenboden ist essenziell, um im Sport die Kraft aus der unteren Extremität auf den Rumpf zu übertragen und dadurch überhaupt erst effektiv zu werden“, erklärt Physiotherapeutin Charlotte Negrin.
Vorab ist zu klären, wo sich der Beckenboden anatomisch befindet und welche Funktion er im Körper übernimmt, um seine Bedeutung für unser alltägliches Leben zu verstehen. Als Beckenboden bezeichnet man den bindegewebs-muskulären Boden, der das knöcherne Loch unseres Beckens unten abschließt. Er besteht aus drei Muskelschichten, die unterschiedliche funktionelle Aufgaben haben. Die äußere Schicht umfasst die Schließmuskulatur, die mittlere zieht sich vom linken zum rechten Sitzbeinhöcker und die innere erstreckt sich fächerförmig vom Kreuz- zum Steißbein und zu den Beckenseiten. Alle drei sind für die Stabilität unserer Bauchorgane, die Funktion der Schließmuskeln sowie für eine aufrechte Haltung verantwortlich und spielen eine maßgebliche Rolle in unserer Sexualität.
Diese Muskulatur muss stark belastbar und entspannend, kräftig und elastisch zugleich sein, und das 24/7. Das sind ganz schön anspruchsvolle Aufgaben an eine Gruppe von Muskulatur, wo wir doch aus Erfahrung wissen, dass diese gerne auch ermüden oder verspannen kann. Solange der Mensch ganz aufrecht mit geradem Becken durch das Leben geht, kommt es seltener zu Beckenbodenschwäche. Weil dadurch die Bauch- und Beckenmuskulatur ständig trainiert und angespannt wird. Nun ist es so, dass wir eine aufrechte Haltung größtenteils verlernt haben und wir die meiste Zeit unseres Tages auf einem Stuhl oder auf der Couch sitzen. Im Sitzen wird allerdings kein Muskel angespannt, geschweige denn trainiert, deshalb verkümmert unsere Beckenbodenmuskulatur und erschlafft.
KRÄFTIGUNG
Woran erkenne ich, dass mein Beckenboden zu schwach ist? Meistens wird erst dann an ein Training der Körpermitte gedacht, wenn schon Probleme bemerkbar sind. Wenn die Muskulatur im Becken nachlässt, dann können sich demnach auch Harnblase, Enddarm oder die Gebärmutter bei Frauen senken. Am häufigsten kommt es dann zu einer Art von Inkontinenz. Das kann von einer Belastungsinkontinenz beim Niesen oder Springen reichen bis hin zu starker Dranginkontinenz. Frauen sind vor allem nach vaginalen Geburten, Geburtsverletzungen und dem Hormonwechsel in der Menopause vorbelastet. Bei Männern tritt das Thema Beckenboden häufig nach einer Prostatektomie auf, da hier die Harnblase an Halt und Kontrolle verliert. Außerdem weisen oft Unterleibsschmerzen, Druckgefühl im Becken oder Probleme bei bzw. ein Verlust der Sexualität auf Beckenbodenschwäche hin. Manchmal können auch angehäufte Krämpfe, Krampfadern, Schmerzen im unteren Rücken oder geschwollene Beine darauf zurückzuführen sein.
Abgesehen von den medizinischen Faktoren, die ein gut trainierter Beckenboden korrigieren und auch präventiv vorbeugen kann, sind die funktionellen Aufgaben des Muskelbodens im Becken für eine homogene Verbindung unserer Körpermitte und der Extremitäten mitverantwortlich. „Durch den gemeinsamen Ansatz des Beckenbodens und von Teilen der Hüftmuskulatur gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Spannungsveränderungen im Beckenboden und der Funktion der Hüftmuskulatur und umgekehrt“, erklärt Charlotte Negrin.
Gemeinsam mit dem Zwerchfell, das den oberen Bereich der Bauchhöhle abschließt, schwingt der Beckenboden während der Atmung und bei jeder Bewegung mit. Ist hier eine Schwäche vorhanden, kann dieser Vorgang nicht rund ablaufen. Wie das Zwerchfell ist der Beckenboden ebenfalls eine unserer wenigen Querstrukturen im Körper. Die Beine sind die am weitesten vom zentralen Körper entfernten Extremitäten. Deshalb sorgt eine funktionierende Beweglichkeit und Stärke im Becken für eine adäquate Durchblutung und Versorgung der Beine. Wenn dieser Fluss nicht korrekt funktioniert, kann es im Sport zum Beispiel vermehrt zu Krämpfen in den Beinen führen. Am Becken setzen auch Nervenenden an, die auf Verspannungen und Dysbalancen im Becken reagieren können. Eine häufige Form ist das Piriformis-Syndrom, das sich durch eine Entzündung des Muskels, der den ansetzenden Ischiasnerv reizt oder einklemmt, bemerkbar macht. Ein gelöster, beweglicher Beckenboden würde das Becken aufrichten und dabei Muskel und Nerv entlasten.
Das Training des eigenen Beckenbodens ist von den Voraussetzungen der jeweiligen Sport treibenden Person abhängig. Viele Frauen kennen das Spiel mit dem „Lift“, der nach oben fährt und für ein paar Sekunden gehalten werden muss. Damit trainiert man allerdings nur die Schließmuskulatur, die sich, wie wir schon festgestellt haben, ganz außen befindet. Im Gegensatz zu anderer Skelettmuskulatur, die besser sichtbar und bewegbar ist, fällt es uns schwer unsere Tiefenmuskulatur anzusteuern, geschweige denn sie gezielt zu trainieren. Dafür gibt es bestimmte Behandlungsmethoden. Magnetfeld-Therapien sind für Einsteiger sowie für Personen mit schon vorherrschenden Problemen zu empfehlen, da hier dem Körper und Gehirn antrainiert wird, wo sich diese Muskulatur befindet und wie sie wieder angesteuert wird, um dies dann im Sport oder Alltag unbewusst durchführen zu können.
Diese Form der Therapie findet meistens im Sitzen statt, dazu muss also keinerlei sportliches Wissen vorhanden sein. Mittels Bio-Feedback können gleichzeitig die Muskulatur und die eigene Ansteuerungsfähigkeit des Beckenbodens trainiert werden. Hier werden Sonden eingeführt, um die Muskulatur lokal zu trainieren, gleichzeitig werden diese Aktivitäten an einem Bildschirm gezeigt, sodass man die Bewegung visuell nachvollziehen kann. So lernt man den Bewegungsvorgang, der durch die Sonde erzeugt wird, selbst nachzuspüren und selbstständig zu aktivieren. Für Sportler sind aktive Beckenbodenübungen im Training das A und O. Dabei ist dieser Körperbereich genauso handzuhaben, wie alle anderen, nämlich durch eine Kombination aus Mobilisation und Kräftigung. Am besten platziert man diese Übungen in das Warm-up oder direkt nach dem Hauptprogramm.
Unsere Trainerinnen im Club helfen dir gerne weiter und nehmen bestimmte Übungen mit in deinen Trainingsplan auf.
Quelle:sportaktiv